DAMEN-BICYCLE-CLUB - Erster österreichischer Frauenradverein (1893-1898)
Am 6.1.1893 wurde der Damen-Bicycle-Club (GDBC) in Graz angemeldet. Er war der erste Damen-Radfahrverein im deutschsprachigen Raum.
In dieser Zeit war der Anblick von Frauen auf einem Rad sehr selten, Radfahren galt weitgehend als Männersache, als nutzloser Zeitvertreib und das Fahrrad wurde noch nicht als Verkehrsmittel angesehen. Die ersten radfahrenden Frauen waren deshalb zahlreichen Anfeindungen ausgesetzt. Sie würden die Familie und den Haushalt vernachlässigen, sie würden sich einen Partner „erradeln“ wollen, weibliche Anmut wäre mit erhitztem Aussehen und radelnden Beinen unvereinbar.
Der Grazer Damen-Bicycle-Club war im großbürgerlichen Milieu verankert. Elise Steininger, Vincenza Wendrich, Luise Sorg und die Schwestern Mitzi und Louise Albl waren die ersten Mitglieder des Vereins.
Im Verein organisierten sie gemeinsame Aus-fahrten, Fahrübungen und sie beteiligten sich an sportlichen Veranstaltungen. Junge Frauen ab 16 Jahren konnten dem Verein beitreten. Die Gründungsmitglieder entschieden sich für eine einheitliche Clubkleidung – es gab ein Galadress bestehend aus dunkelblauem Rock, heller Bluse, dunkelblauer Jacke, Gürtel und Schirmmütze. Bei Wanderfahrten war die Kleidung schlichter gehalten.
Im ersten Jahr ihres Bestehens veranstalteten die Frauen Tourenfahrten mit insgesamt 8700 Kilometern. Das Radfahren bekam immer mehr den Ruf gesund zu sein. In den Wintermonaten wurden Übungen in der Industriehalle veranstal-tet. Im Jahr 1894 hatte der Club bereits 27 Mitglieder, ledige und verheiratete Frauen waren nahezu gleich stark vertreten. Unter den Mitgliedern waren drei berufstätige Frauen, unter den verheirateten Frauen waren solche aus dem Bürgertum überrepräsentiert. Die erste Hochzeitsreise per Fahrrad, die Venedig zum Ziel hatte, begingen Luise Sorg und der bekannter Radrennfahrer Franz Fuchs.
Im Laufe der nächsten Jahre verringerte sich die Mitgliederzahl drastisch, sodass es 1898 zur Auflösung des GDBC kam.
Der GDBC hatte Vorbildwirkung für die Gründung von Frauenradvereinen in Berlin und Wien und er hat für das Radfahren von Frauen einen wichtigen Beitrag geleistet. Das Radfahren blieb nicht nur auf bürgerliche Vereine be-schränkt, es kam auch zur Gründung von Arbeiter-Radvereinen und dass Frauen Mit-glieder in diesen Vereinen waren, war durchaus üblich.
Im Jahr 1900 war es für Frauen kein Anstandsproblem mehr mit dem Rad zu fahren.
Lit.: Hilde Harrer: Der „Grazer Damen-Bicycle-Club“. Radfahrende Frauen gegen Ende des 19. Jahrhunderts. In: Über den Dächern von Graz ist Liesl wahrhaftig. Eine Stadtgeschichte der Grazer Frauen (Hg. Carmen Unterholzer, Ilse Wieser) Wien 1996, S. 101 ff.
Hilmteichstraße 70
Foto: Steiermärkische Landesbibliothek
Zur Würdigung für den Grazer Damen-Bicycle-Club, den ersten österreichischen Frauenrad-verein, wurde eine WOMENT!-Tafel 2003 am Hilmteichschlössl, vor dem der einstige Treffpunkt für Corsofahrten war, angebracht.
WOMENT!-Tafel:
Frauenwaden galten als unanständig, andere Formen der Freiheit für Frauen noch mehr. Der Grazer Damen-Bicycle-Club hat gegen Männerdomänen und Konventionen geradelt. So wurde nicht bloß die sportliche Emanzipation befördert.
Text: Eva Rossmann
http://woment.mur.at/index_WOMENT.html