Olga Rudel-Zeynek - Politikerin
Wastlergasse 3
geb. 28.1.1871 in Olmütz, gest. 25.8.1948 in Graz
Olga Zeynek wurde 1871 in Olmütz (Mähren) als Tochter eines Beamten geboren und heiratete 1897 den Militärangehörigen Rudolf Rudel in Wien. Ihr Mann war in der österreichisch – ungarischen Armee und deshalb lebte sie mit ihm in verschiedenen Teilen der Habsburgermonarchie. 1918 kam es zur Scheidung.
Im Juli 1914 kamen sie nach Graz und von 1916 bis zu ihrem Tod lebte sie in der Wastlergasse 3. Dass Olga Rudel-Zeynek geschieden war, wurde öffentlich während ihres politischen Engagements nicht erwähnt. Erst zu ihrem 60. Geburtstag und der Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens der Republik Österreich im Jahr 1931 kamen die Ungereimtheiten bezüglich ihres Familienstandes ans Licht. Sie galt als „Witwe“, Rudolf Rudel verstarb aber erst 1938.
Während des Ersten Weltkriegs begann sie sich karitativ im Umfeld der steirischen Katholischen Frauenorganisation sowie journalistisch zu betätigen. 1919 trat sie der christlich-sozialen Partei bei. Gemeinsam mit der christlich-sozialen Marianne Millwisch-Kaufmann und Martha Tausk von der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei war sie unter den ersten Frauen, die 1919 in den steirischen Landtag einzogen.
Im Jahr 1920 wechselte sie in den Nationalrat. Als Vertreterin der Katholischen Frauenorganisation der Steiermark wurde sie Mitglied der Parteileitung der christlich-sozialen Partei. Olga Rudel-Zeynek befasste sich in ihren Redebeiträgen im Nationalrat mit frauen- und sozialpolitischen Themen, wie den Interessen einzelner Frauenberufsgruppen, einer Verbesserung der Mädchenbildung, dem Kinder- und Jugendschutz sowie der Frauenarbeitslosigkeit.
1925 wurde die "Lex Rudel-Zeyneck", die den Unterhaltsanspruch alleinerziehender Frauen regelte, und unter ihrer Mitwirkung entstand, verabschiedet. Aufschlussreich in Bezug auf ihre eigene Scheidung war ihre Stellungnahme zu dem von den Sozialdemokraten geforderten Ehescheidungsrecht, das sie vehement ablehnte. „Die Unauflösbarkeit der katholischen Ehe brächte vor allem für die Frauen Schutz und Halt, denn „betrügen“ würden die Männer sowieso.“
1927 wurde sie erste Präsidentin des Bundesrates und damit erste Frau in der Führung einer gesetzgebenden Körperschaft weltweit. Dieses Amt hatte sie bis 1928 inne. Darüber hinaus war sie in zahlreichen Vereinen aktiv, wie zum Beispiel ab 1923 als Vizepräsidentin der Zentralstelle für Kinderschutz und Jugendfür-sorge in Wien.
Fotos: Österreichische Nationalbibliothek
Der autoritäre Ständestaat beendete Rudel-Zeyneks langjährige Tätigkeit als Politikerin. Die Errichtung des Ständestaates begrüßte sie durchaus, dem Nationalsozialismus allerdings stand sie ablehnend gegenüber, was sie auch nach dem Krieg in einigen Artikeln deutlich zum Ausdruck brachte. Im Jahr 1948 starb sie im Alter von 77 Jahren in Graz.
Lit.: Gabriella Hauch: Vom Frauenstandpunkt aus: Frauen im Parlament, 1919-1933. Wien 1995, S. 302ff.